„Erzähl mir mehr von der Beziehung zu deinem Vater!“ Was klingt, wie die Szene aus einer Therapiesitzung, stammt so oder so ähnlich aus einem der ersten Dialoge, die jemals mit einem Chatbot geführt wurden. ELIZA, die Großmutter der modernen Technologie, die derzeit so im Trend liegt, simulierte bereits 1966 Gesprächssituationen aus der Psychotherapie, um die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine zu untersuchen.
Während ELIZA sich in den 60ern noch am Rande des technisch Möglichen bewegte, sind Chatbots heute state of the art. Immer mehr Unternehmen sehen in ihnen ein attraktives Mittel, um mit ihren Kunden einfach in Kontakt zu treten. Kai Matzutt von TALLENCE kennt sich aus mit den vollautomatisierten Gesprächspartnern. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, ob und wann es sich für Unternehmen lohnt, in einen Chatbot zu investieren.
„Ein Chatbot ist eine Software, die sich automatisch in Diskussionen, Chats oder Unterhaltungen einmischt, und konkrete Aussagen beiträgt“, erklärt Kai. Damit dem Menschen vor der Tastatur so wenig wie möglich bewusst wird, dass er sich mit einem Programm unterhält, ist es für die Entwickler immer das Ziel, dem Bot eine möglichst natürliche Stimme zu geben. Um dieses Kriterium zu erfüllen, muss ein Chatbot nicht nur erkennen, was überhaupt der allgemeine Gegenstand der Unterhaltung ist. Die Software muss auch dazu in der Lage sein, mögliche Fragen zu diesem Thema vorauszusehen und zu beantworten. Hierzu greifen Chatbot-Systeme – ähnlich einer Volltextsuchmaschine – auf umfangreiche Datenbestände zu, aus denen sie ihre Informationen beziehen. Je komplexer der Bestand, um so natürlicher und unterhaltsamer wird der Dialog mit dem Bot.
Von dem Zustand, einen wirklich sinnvollen Diskussionsbeitrag zu leisten, sind, Kais Einschätzung zu Folge, die meisten Chatbots aber noch mehr oder weniger weit entfernt.
Nichtsdestotrotz sind die Webriesen Facebook, Google, Amazon, Apple und Co bestrebt, genau dies zu erreichen. Sie sind schon seit geraumer Zeit daran, persönliche Assistenten zu entwickeln, die beliebige Fragen bestmöglich beantworten und kleinere Aufgaben lösen können oder sogar mit einem eigenen Charakter bestechen. So ist das Internet zum Beispiel voll von lustigen „Eastereggs“ und schlagfertigen Sprüchen, die Apple’s Siri zum Besten gegeben hat – etwa, dass Sie einen Heiratsantrag frech mit „Lass uns doch lieber einfach Freunde bleiben“ pariert hat. Für kleinere Unternehmen und geringere Budgets sind solche Spielereien jedoch ineffizient.
Der Trend entwickelt sich dahin, dass sich Firmen stark auf ihre Kernkompetenzen fokussieren. „In einem Projekt, dass Tallence erst kürzlich abgeschlossen hat“, berichtet Kai Matzutt, „liegt der Schwerpunkt des Bots ganz klar auf der Herausgabe spezifischer Antworten zum Produkt und allgemeinen Informationen zum Unternehmen.“ Der Dialog zwischen Marke und Kunde findet in diesem Fallbeispiel automatisiert über einen Chat statt. Tallence nutzt hierzu den Facebook Messenger.
Diese Plattform bietet uns diverse Vorteile: Um ein überzeugendes Natural Language Processing (NLP) bieten zu können, hat Facebook das Unternehmen „wit.ai“ gekauft – eine Plattform, die kostenlos Sprachverarbeitung über eine Schnittstelle anbietet. So können Projekte schnell und effizient aufgesetzt werden, ohne dass das Entwickler-Team Zeit für die Basics und das Frontend aufwenden muss. Facebook Messenger bietet darüber hinaus zahlreiche, schnelle Einstiegspunkte und eine große Anzahl von Usern, die mit dem Chat-Client seit langer Zeit vertraut sind. Der Messenger wird also zu einem weiteren Kommunikationskanal für Unternehmen, auf dem Informationen noch persönlicher ausgespielt werden. Darüber hinaus kann die Chatbot-Funktion Mitarbeiter aus dem Kundenservice entlasten, indem die Technologie etablierte Dialogkanäle, wie Hotlines, zu einem gewissen Grad ersetzt.
Unabhängig von der Plattform, müssen Firmen jedoch eine klare Zielsetzung definieren, die sie mit dem Einsatz eines Chatbots verfolgen möchten. „Einen Chatbot ohne konkretes Ziel zu entwickeln, nur weil das Thema gerade „in“ ist, ist Geldverschwendung“, findet Kai. Die Investition lohnt sich aber genau dann, wenn durch den Einsatz eines Bots Service-Mitarbeiter unterstützt werden, beziehungsweise die Kunden einen ähnlichen Mehrwert erfahren. Um die Rentabilität des Projekts hochzuhalten, sollten Marken und Dienstleister in jedem Fall überprüfen, ob eine komplette Eigenentwicklung notwendig ist, oder ob das Entwickler-Team auf eine der vielen Plattformen zurückgreift.
Denn wie unser Beispiel zeigt, stellt zum Beispiel Facebook mittlerweile hochentwickelte Hilfsmittel zur Verfügung, mit denen sich Chatbots so entwickeln lassen, dass sie effizient und zielgerichtet sind.